Tim präsentiert dem Türsteher seine VIP -
Karte und darf eintreten. Mit seiner Tochter auf dem Arm,
bahnt er sich seinen Weg vorbei an Leuten, die schrecklich
wichtig tun und versuchen, möglichst einflußreich
auszusehen. In einem kleinen Grüppchen entdeckt er Lisa in
einem langen roten Abendkleid.
Sie sieht ihn und winkt ihm zu. In diesem Moment ertönt ein
helles Klingel und alle begeben sich auf ihre Plätze.
"Na, wie war dein erster Schultag?", will Lisa
wissen, als die Familie in ihrer Loge zusammen sitzt.
"Super. Einige Kinder kannte ich sogar schon aus der
Spielgruppe. Und ich habe sogar schon ein bißchen Englisch
gelernt! Ich kann jetzt sagen: My name is Alessia. I am six
years old." berichtet Alessia stolz und Lisa ist
beeindruckt.
Im Stadion tut sich allmählich was: Die Hintergrundmusik
verstummt plötzlich. Einen Augenblick ist es ganz still.
Dann ertönen Fanfaren und ein Tor öffnet sich. Der Einzug
der verschiedenen Nationen beginnt.
Den Anfang bildet eine große afrikanische Flagge, die von
sechs Athleten getragen wird. Der Flagge folgen alle
afrikanischen Athleten. Jeder von ihnen ist in den Farben
seines Heimatstaates gekleidet.
Auf den Kontinent Afrika folgt Amerika, dann Asien und
Australien. Und hinter dem australischen Banner kann man
schon etwas Blaues schimmern sehen: Den Schluß der
Prozession bildet Europa. Der europäischen Fahne folgt das
Wappen des Ruhrgebietes, getragen von Bergarbeitern. Einige
alte Menschen werden ein wenig sentimental bei diesem
Anblick, die jüngeren jedoch kennen die "Kumpels"
nur noch als Denkmäler.
Jede Flagge wird nun zu einem der Fahnenmaste getragen und
die Athleten nehmen in den ersten Reihen der Tribünen
Platz. Nun ist es für einige Sekunden ruhig. Dann ertönt
eine weiter Fanfare.
Ein Mann und eine Frau mit einer Fackel in der Hand betreten
das Stadion. Unter den Jubelrufen der Hunderttausenden im
Stadion laufen sie zur Treppe, die zur Schale des
olympischen Feuers führt. Erst nach einem erneuten Tusch
steigen sie die 400 Stufen hinauf. Oben angekommen warten
sie einige Sekunden und entzünden dann das olympische
Feuer. Im gleichen Moment werden alle Flaggen gehißt.
Ein Symphonieorchester betritt die Bühne, gefolgt von
Sängern in schwarzen Anzügen und Sängerinnen in langen
Kleidern in der selben Farbe. Sie spielen die europäische
Nationalhymne. Nach einer kurzen Pause wird auch die
deutsche Hymne gesungen. Jedes Mal stimmen die Zuschauer mit
ein und alle überkommt eine Gänsehaut.
Nachdem der letzte Ton verklungen ist, besteigt Doris die
Bühne. Mit etwas weichen Knien nähert sie sich dem
Rednerpult. Sie wirft einen Blick in die Runde und wäre
jetzt am liebsten eine kleine Maus, die sich ganz schnell in
irgendeinem Loch verkriechen kann. Sie ist aber leider die
Oberbürgermeisterin der Stadt, in der die Olympischen
Spiele ausgetragen werden und muß nun die Eröffnungsrede
halten. Deswegen atmet sie einmal tief durch, knipst das
Mikrofon an und beginnt:
"Im Namen des Ruhrgebietes möchte ich mich an dieser
Stelle noch einmal für die Wahl unserer Stadt als
Austragungsort bedanken. Wir sind uns bewußt, daß dies
eine außergewöhnliche Wahl war, denn eine Stadt, die
sozusagen noch in ihren Kinderschuhen steckt, mit so einer
großen Aufgabe zu betrauen, könnte von manchen als Wagnis
empfunden werden. Wir sehen dies jedoch als Chance, der Welt
zu beweisen wie "das Revier" wirklich ist.
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