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Judiths prämierte Geschichte / Seite 7:

So, das wäre geschafft. Erleichtert lehnt sich Lisa in ihren Stuhl zurück, während sie die nun ausbrechende Diskussion über ihre Ideen verfolgt. Anscheinend findet ihre Naturkost - Idee großen Anklang. Aus allen europäischen Staaten hagelt es Zustimmung. Bei der folgenden Abstimmung wird die Durchführung des Projekts auf europäischer Ebene mit überwältigender Mehrheit beschlossen.

Fabian schlendert gemütlich über den großen Konrad Adenauer - Marktplatz. Von überall tönt das Marktgeschrei und alle naselang versuchen Händler, Fabian Obst oder Gemüse zu verkaufen. Da gibt es Tomaten, die ein Mittel gegen Heuschnupfen enthalten und Orangen gegen ganz gewöhnliche Erkältungen. Außerdem gibt es Stände mit Blumen in allen Farben des Regenbogens, mit jedem erdenklichen Geruch, so daß einem ganz schwindelig wird, kommt man einem Blumenstand vorbei. Fabian liebt gerade diese Vielfalt der Gerüche auf dem Markt. Auch das Sprachgewirr, was hier herrscht fasziniert ihn. Seitdem der Luftweg so billig geworden ist, fliegen alle europäischen Händler von einem Markt in Europa zum nächsten und verkaufen ihre Waren so direkt, ohne tagelang mit dem LKW unterwegs zu sein. So entsteht auf dem Markt ein Mischmasch aus allen europäischen Sprachen. Am interessantesten sind für Fabian skandinavische Sprachen, wie finnisch und schwedisch. Englisch, Französisch, Spanisch und Deutsch sind für ihn wenig reizvoll, da sie ohne hin die europäischen Amtssprachen sind, die überall in Europa gesprochen werden.
Fabian kauft sich an einem Stand eine Schale Erdbeeren, die schon so süß sind, das man sie ohne Zucker essen kann. Dann macht er sich Erdbeeren essend auf den Weg in den Park. Da alle Straßen innerhalb einer Stadt unter die Erde gelegt wurden, entstand überirdisch viel mehr freier Raum, auf dem schnell riesige Marktplätze entstanden. Außerdem wurden viele sogenannte Erholungsgebiete auf den freigewordenen Plätzen errichtet. Erholungsgebiete sind meist große Parks mit vielen freilaufenden Tieren. Oft gibt es dort ein Hotel und viele Restaurants, wo man nach einem anstrengenden Tag in freier, vielleicht in einer etwas künstlich entstandenen Natur, ausspannen kann. Fabian weiß bestens über die Erholungsgebiete Bescheid, sein Vater hat die Mehrzahl der europäischen Recreation-Parks gebaut. Und er lief schon als kleines Kind in der Geburtsstunde heute weltbekannter Parks, wie dem Helmut Kohl - Park in Berlin, herum.
"Salut, salaud", reißt ihn sein Kumpel Pierre aus seinen Erinnerung, "was steht für heute an? Hast du 'ne Idee, was wir machen können ?"
Fabian schmeißt sich ins hohe, grüne Gras und starrt die Schäfchenwolken an. "Also ich muß auf jeden Fall heute abend auf die Eröffnungsfeier gehen, sonst reißt mir meine Mutter den Kopf ab. Sie meint sie braucht jede Unterstützung, die sie kriegen an, wenn sie die Eröffnungsrede halten wird. Seit Tagen tigert sie nervös durch unser Haus und liest die Rede. Inzwischen kann sie die bestimmt auswendig und das Schlimme ist: ich auch. Komm bitte heute abend mit, Pierre, sonst sterbe ich vor Langeweile. Hinterher ist noch so ein blöder Empfang, wenn ich da keinen vernünftigen Menschen um mich habe, gehe ich echt ein.", seufzt Fabian.
"Ja gut, aber das ist doch erst heute abend. Was machen wir in der Zwischenzeit ?", will Pierre weiter wissen. "Wir waren doch schon lange nicht mehr Skifahren. Laß uns nach Herne fahren. Ich glaube, die haben die Halle jetzt vergrößert und so noch eine weiter Piste bauen können. Die sollten wir mal ausprobieren.", schlägt Fabian vor.

 

Doch Pierre zögert: "Nicht schon wieder Schnee. Wir waren doch erst vor zwei Wochen zum Schlittenfahren in Castrop-Rauxel. Ich hätte mehr Lust, Schwimmen zu gehen." Fabian ist einverstanden und die beiden fahren mit dem Stadtexpress nach Essen ins Strandbad. Nach fünf Minuten Fahrt stehen die beiden auch schon vor der Halle. Knapp fünf Minuten später schmeißen sich ein Franzose und ein halber Spanier in die Wellen.
Pierre liebt die Wellen und das salzige Wasser, es erinnert ihn immer ein wenig an den Atlantik bei Biarritz, wo er aufgewachsen ist. Manchmal hat er noch ein bißchen Heimweh, obwohl er weiß, daß das kindisch ist. Nur ganz wenige Menschen in Europa bleiben wirklich ihr Leben lang in ihrem Heimatland und noch weniger in ihrer Heimatstadt. Sein Vater hat ihm einmal eine Statistik gezeigt die besagte, daß der Durchschnittseuropäer fünfmal in seinem Leben in einen anderen europäischen Staat umzieht. Meist aus beruflichen Gründen. Auch seinen Vater hat es nach 17 Jahren erwischt. Sein Chef schickte ihn an eine deutsche Niederlassung seiner Firma und die ganze Familie Lasalle mußte von Biarritz nach Dortmund ziehen.